![Franz Quadlbauer am Fischen vor dem Kraftwerk.]()
Was man um Himmels Willen nicht brauchen kann, ist, dass am Eröffnungstag kein einziger Fisch gefangen wird. Und grad doppelt nicht, wenn einem ein «Petri-Heil»-Schreiberling an den Fersen klebt und alles beobachtet. Ums aber gleich zu Beginn zu sagen: Der Tag und die Ehre des Fischereivereins Turgi-Siggenthal wurden gleich doppelt gerettet – von einem einzigen Fischer. Bereits um sieben Uhr in der Früh traf sich der «harte Kern» des FV Turgi-Siggenthal, ein eingeschworenes Trüppchen, im Vereinshaus zum Morgenkaffee. Um gleich darauf in alle vier Himmelsrichtungen auszufliegen. Die Stimmung: Freudig. Erwartungsvoll.Nach einer kurzen Erklärung, dass es heute aufgrund des hohen Wasserstands schwerer als sonst werden könnte, Fische zu fangen, wurden die Köder ins Nass gelassen. Nur vereinzelte, zaghafte Bisse Nach ein, zwei Stunden des Fischens in der Limmat, vor und hinter einer (wegen Wartungsarbeiten) still liegenden Kraftwerksturbine, trafen sich die Fischer am Ufer zum Znüni – über dem Feuer gebratene Cervelats mit frischen Salzbrezeln. Und natürlich auch etwas zu trinken. Bei der obligatorischen Frage nach den bisherigen Fängen: Lange Gesichter – hüben wie drüben.«Das hat es noch nie gegeben, dass am Eröffnungstag bis zum Znüni noch keine Forellen gefangen worden sind», versicherte mir Präsident Jürg Führer. Der Stimmung jedoch tat der bisherige «Schneider» keinen Abbruch: Es wurde die neue, dicke Fliegenleine probegeworfen, über Wasserstände und Kormorane diskutiert sowie über Fänge von vergangenen Jahren.Wenig erbauend, dass auch am restlichen Vormittag nur vereinzelte, sehr zaghafte Bisse zu spüren waren, aber kein Fisch gelandet werden konnte. Portemonnaie «sauber gehakt» Kurz nach zwölf Uhr dann, traf man sich im Vereinslokal zum gemeinsamen, üppigen Mittagessen. Meine Hoffnung, hier nun das erste Mal am heutigen Tag einen schönen Fisch zu Gesicht zu bekommen, wurde nicht erfüllt. «So etwas hat es bisher noch nie gegeben», waren sich alle einig. Plötzlich fragte mich mein Gegenüber, Richard Widmer: «Willst du sehen, was ich gefangen habe heute Morgen?» Ja, klar – natürlich will ich!Als Richard dann mit einem kleinen Beutel daher kam, war meine kurzzeitig bereits wieder aufgeflammte Hoffnung auf einen schönen Fisch auch schon wieder erloschen. Des Rätsels Lösung: Ein Portemonnaie. «Sauber gehakt und nach kurzem Drill sicher gelandet», erklärte mir Richard augenzwinkernd. «Bis auf Geld ist, glaube ich, noch alles vorhanden: ID, sonstige Kärtchen und so weiter.» Das Portemonnaie sei wohl gestohlen und dann einfach im Fluss «entsorgt» worden. Der Tag ist gerettet Nach kurzer Online-Recherche war der Arbeitsort der Besitzerin des Portemonnaies herausgefunden. Ein Anruf bestätigte die Vermutung der Fischer: Der jungen Frau wurde letzten November die Tasche samt Portemonnaie gestohlen. Richard versprach ihr am Telefon, das Portemonnaie noch am selben Tag in ihren Briefkasten zu legen. Finden und dann das Fundstück nach Hause liefern – prompten Service nenne ich das.«Auch wenn der heutige Tag mit diesem ‹Fang› eigentlich ja gerettet ist, würde ich schon gerne noch einen Fisch sehen», erklärte ich. Kurze Zeit später fanden wir uns, die Fischer bis zu den Knien im Wasser stehend, an einem anderen Abschnitt der Limmat wieder. Neben einem der vier Kraftwerke des Gewässerabschnitts. «Es ist zwar optisch nicht mehr so schön wie vorher, aber das scheint den Forellen egal zu sein – denn es gibt hier stattliche Exemplare», erklärte mir Franz Quadlbauer. Während ich bei ihm blieb, um seine Technik zu beobachten, wie er seinen Mozzi-Löffel immer wieder gekonnt in den Wirbeln des Kraftwerkwasser-Austritts verschwinden liess, ging «Portemonnaie-Richard» etwas weiter, um dort sein Glück mit dem Illex-Wobbler zu versuchen. Ehrenrettung zum Zweiten Keine halbe Stunde später vibrierte Franz’ Telefon und er konnte kurz darauf freudig verkünden: «Richi hat einen Fisch gefangen!» Und wirklich: Eine wunderschön gezeichnete, 51 Zentimeter grosse Seeforelle konnte dem Wobbler ein paar hundert Meter stromaufwärts nicht widerstehen und packte zu.In fröhlicher Runde wurde dann im Vereinslokal auf den schönen Fisch angestossen, verschiedene Whiskey-Sorten diskutiert und dann auch noch über die Frage gebrütet, ob man Richard nun zum Ehrenmitglied ernennen solle, nachdem er die Ehre des Fischereivereins Turgi gerettet hatte. «Und zwar gleich doppelt», wie ich einwarf.Und am Ende war mit einem schönen Fisch nicht nur der Eröffnungstag gerettet, sondern auch noch der einer jungen Frau. Dominique Lambert
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