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Todesurteil oder neue Chance? Manchmal gibt es gute Gründe, einen gehakten Fisch wieder zurückzusetzen. Zuoberst stehen dabei Fische, die das Schonmass nicht erreicht haben oder sich gerade in der Schonzeit befinden. Doch was geschieht mit diesen Fischen, nachdem wir sie vom Haken gelöst haben? Dieser Artikel entstand im Rahmen des letzten FIBER-Seminars, in welchem der Einfluss, den wir als Angler auf Fische und Fischbestände haben, thematisiert wurde. Hier wird diese Thematik noch einmal aufgegriffen und die Hakenmortalität von freigelassenen Fischen ein bisschen genauer angeschaut. Das Angeln mit der festen Absicht, einen gefangenen Fisch wieder freizulassen, ist in der Schweiz aus Gründen des Tierschutzes gesetzlich verboten. In gewissen Fällen kann ein Fischer aber einen individuellen Entscheid zugunsten eines bestimmten Fischs treffen. So können Fische, die unbeabsichtigt gefangen wurden oder ökologisch wertvolle Tiere sind, wieder zurückgesetzt werden, um den Bestand zu schützen. Eine weitere Ausnahme zur generellen Entnahmepflicht gefangener Fische kommt jedoch weit häufiger zum Zug: Bei Fischen, die das Fangmindestmass nicht erreichen, sowie bei Arten, die entweder zeitlich eingeschränkt oder sogar komplett geschont sind, ist das unmittelbare Zurücksetzen Pflicht. Mit dieser Massnahme soll primär die Naturverlaichung und somit der Erhalt der Population sichergestellt werden. Das Schonmass wird in der Regel so angesetzt, dass sich jeder Fisch mindestens einmal in seinem Leben fortpflanzen kann, und die Schonzeit gewährt den Fischen die nötige Ruhe, um ihrem Laichgeschäft nachgehen und sich anschliessend davon erholen zu können. Checkliste Die wichtigsten Regeln zum schonenden Umgang mit Fischen Zurückzusetzende Fische so wenig wie möglich anfassen und nur wenn unbedingt nötig aus dem Wasser hochheben. Spinnköder und widerhakenlose Haken sind Naturködern und Widerhaken vorzuziehen. Immer angepasstes Gerät verwenden, um die Drilldauer zu minimieren und Abrisse zu vermeiden. Angelplätze, an denen viele untermassige Fische stehen, wenn immer möglich meiden. Das Fischen auf kälteliebende Arten einschränken oder zeitweise ganz stoppen, wenn die Luft- und Wassertemperaturen sehr hoch sind. Bonustipp: Der SaNa ist nicht nur eine Pflichtübung zum Patentkauf, sondern auch eine gute Grundausbildung für die Fischerei und bietet Möglichkeit, Kontakte mit Gleichgesinnten zu knüpfen. Was geschieht mit einem zurückgesetzten Fisch? Alleine die Tatsache, dass manche Karpfen in England einen Namen erhalten und über Jahre, manchmal sogar über ein Jahrzehnt hinweg immer wieder gefangen werden, deutet darauf hin, dass zurückgesetzte Fische durchaus überlebensfähig sein können. Vielleicht konnte der eine oder andere auch schon einen Hecht fangen, der noch den Köder eines Voranglers im Rachen hatte, welcher unvorsichtigerweise ohne Stahlvorfach angeboten wurde. Gleichzeitig haben es aber sicher auch schon einige erlebt, dass eine Felche, speziell im Sommer, durch die Hitze und den Druckunterschied im Drill quasi schon beim Anfassen stirbt. Offensichtlich sind die Überlebenschancen also sehr unterschiedlich und von Situation und Fischart abhängig. Empfindlichere und weniger empfindliche Fischarten Prof. Robert Arlinghaus und seine Kollegen haben im Zuge einer grossen Untersuchung die Sterbewahrscheinlichkeit der wichtigsten Süsswasserfischarten beschrieben, die mit der Angel gefangen und anschliessend wieder zurückgesetzt wurden. Erfreulicherweise zeigte sich, dass untermassige Fische generell mit der gleichen Wahrscheinlichkeit unbeschadet zurückgesetzt werden können wie massige Fische. Ein korrekt angesetztes, an die Art und Population angepasstes Schonmass oder sogar Fangfenster ist also durchwegs vertretbar und kann einen effektiven Schutz für die Bestände darstellen. Der empfindlichste Fisch in Schweizer Gewässern ist gemäss der Untersuchung – vielleicht unerwartet – der Zander. So starb über ein Viertel (27,5%) aller in die Metaanalyse einbezogenen Zander nach dem Fang. Am anderen Ende der Skala, und somit am wenigsten empfindlich, waren Karpfen. Nur 3,3% starben nach dem Fang und dem anschliessenden Zurücksetzen. Zu den eher unempfindlichen Fischen gehören auch Hecht (7,1% Sterblichkeit) und Egli (11% Sterblichkeit), sowie die Forelle (7,4% Sterblichkeit). Köder ist nicht gleich Köder Natürlich hängt die Mortalität nicht nur von der gefangenen Fischart ab, sondern auch von der Methode, mit der geangelt wird. Dabei hat die Art des Hakens einen untergeordneten Einfluss auf die Sterblichkeit direkt nach dem Fang. Drillinge und Einzelhaken unterschieden sich nicht wesentlich in ihrer Wirkung, hingegen richten Modelle mit Widerhaken eindeutig mehr Schaden an als solche ohne. Den grösseren Einfluss hat aber die Köderwahl. So starben 25,9% aller zurückgesetzten Fische, die mit Wurm oder Köderfisch gefangen wurden – bei Spinnern, Wobblern oder Gummifischen hingegen nur 11,4%. Am extremsten scheint dieser Unterschied bei Lachsen zu sein: In einer Studie aus Übersee konnte aufgezeigt werden, dass 35% aller mit Wurm gefangenen Lachse, aber nur 4% aller Fische, die mit der Fliege gefangen wurden, starben. Natürlich bietet auch ein Kunstköder keine Garantie gegen Verletzungen. Die freien Drillinge von schlanken Wobblern bleiben oft im Kopf- oder Kiemenbereich von Räubern hängen, und auch andere Köder sind nicht immer harmlos. Trotzdem zeigt sich, dass Kunstköder für den Fisch weniger schädlich sind. Hauptsächlich wohl, weil Kunstköder in der Regel aktiv und «auf Zug» geführt werden. Beim Biss erfolgt der Anschlag meist direkt. «Verschläft» man ihn, lässt der Fisch gleich wieder los, weil sich der Köder unnatürlich anfühlt. Bei einem Wurm oder toten Köderfisch ist die Chance eines tiefen Schluckens um einiges höher. Beim Hakenlösen gibt es dann oft Verletzungen, die letztlich den Tod des Fisches zur Folge haben können. Im Salzwasserbereich werden sogenannte circle hooks oder Rundhaken (siehe Kasten) verwendet, die darauf ausgelegt sind, ausschliesslich im Mundwinkel zu haken und damit das Hakenlösen deutlich vereinfachen. Weitere Faktoren Wie nicht nur jedem Fliegenfischer bekannt ist, gibt es wohl kaum eine schonendere Methode, um untermassige Fische vom Haken zu befreien, als diese noch unter Wasser abzuhaken. Wenn man dies auch noch tun kann, ohne etwas anderes als die Fliege anzufassen, wird der Fisch optimal geschont. Zudem ist darauf zu achten, dass der Fisch nicht unnötig lange gedrillt und ein Feumer verwendet wird. Bei der Landung sollte ein Hochheben des Fischs am Köder vermieden werden. Dabei wird vom im Maul festsitzenden Köder eine Zugbelastung erzeugt, auf die das Skelett der Fische nicht ausgerichtet ist. Fliegenfischen Fliegenfischer stehen oft watend im Gewässer und benutzen Kunstköder mit meist kleinen, häufig widerhakenlosen Haken. Durch den sofortigen Anschlag und der Möglichkeit, beim Abhaken nur die Fliege, aber nicht den Fisch zu greifen, kann das Zurücksetzen sehr schonend erfolgen. Im Ausland haben sich viele «Fly only...
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